Gebt das Pferd nicht auf!

Von Charlie Pinney

 

 

Die Suche nach neuen Energiequellen, die fossile Treibstoffe ersetzen könnten, hat in den letzen Jahrzehnten breiten Raum eingenommen. Eine Suche, die nach jeder neuen düsteren Prophezeiung vom Ende der Welt, wie wir sie kennen, immer verzweifelter wird. Zur gleichen Zeit haben verschiedene Menschen an einer sich selbst erneuernden, umweltangepassten Energiequelle festgehalten, die seit mindestens 8000 Jahren bekannt ist und immer erfolgreich genutzt wurde. Eine intelligente, benutzer- und umweltfreundliche Energiequelle: sie haben Arbeitspferde in der Land- und Forstwirtschaft und bei einer Vielzahl anderer Tätigkeiten eingesetzt. Solange das Gras wächst, und solange ihre Pferde und die übrigen Nutztiere dieses Gras verwerten und so die Ernte des nächsten Jahres düngen und wachsen lassen, solange lassen sie Ölpreiserhöhungen unberührt, sie können zunehmend stolz sein auf ihre umweltverträglichen Landbewirtschaftungsmethoden und können darüber nachdenken, dass die Probleme der Bodenverdichtung und Erosion auf ihrem Hof im Vergleich zu ihren Traktor fahrenden Nachbarn minimal sind. Ist dies eine naive und simple Herangehensweise an ein sehr  ernstes Problem, von dem wir alle betroffen sind? Vielleicht, aber es gibt einige schwerwiegende Gründe, warum tierische Zugkraft wieder als eine ernstzunehmende Alternative bewertet werden könnte und sollte. Es ist wichtig, dass wir alle Effekte, umweltwirksame und ökonomische, die auf das betreffende Ökosystem einwirken, sowohl für die Pferde als auch für die Verbrennungsmotoren bewerten.

 

Ironischerweise erweist sich der weit verbreitete nostalgische Reiz der Arbeitspferde als der größte Hinderungsgrund für eine weit gestreute Akzeptanz ihres tatsächlichen Wertes als Produktionsmittel in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Transport. Egal, ob man gegenüber einem Einzelnen oder einer staatliche Stelle erwähnt, dass ein Arbeitspferd einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten kann, man stößt so gut wie immer auf Verachtung oder Ungläubigkeit. Man wird als Träumer, Idealist ohne einen Bezug zur Wirklichkeit, oder als Pferde besessener Spinner, der energisch die offensichtlich wunderbaren Vorteile verschmäht, die uns die wissenschaftliche Weiterentwicklung der Landwirtschaft beschert hat, abgetan. Der Grund für diese vernichtende Ablehnung ist einfach genug: Zugpferde werden der Öffentlichkeit bei Shows oder generell in den Medien unverändert als ein Teil lebender Geschichte, ein Relikt aus einem Museum über ländliches Leben, ein wieder Fleisch gewordenes Dinosaurier-Skelett aus dem Nebel unserer gemeinsamen Vergangenheit präsentiert – und dadurch bleibt ihr Ansehen in der öffentlichen Meinung fixiert. Glücklicherweise fällt es nicht all zu schwer, einige überzeugende Argumente bezüglich der lebenden Pferdekraft anzuführen, um diese charmante aber doch reichlich eingeschränkte Sichtweise auf die Arbeitspferde zu zerstreuen.

 

 

Nachhaltigkeit

 

Man sollte annehmen, dass jede neue oder alternative Energiequelle, die hilft, unsere Abhängigkeit von den mit Sicherheit endlichen Ressourcen fossiler Brennstoffe zu verringern, auf lange Sicht hin verfügbar sein sowie unmittelbaren Nutzen bringen sollte. Hier ist das Arbeitspferd allen anderen Alternativen haushoch überlegen. Es ist ein natürlich vorkommender lebender Organismus, wenn auch während der Domestikation für bestimmte Zwecke gezielt gezüchtet (ohne gentechnische Veränderungen), der sich selbst reproduziert und so sogar während er arbeitet seine eigene Nachzucht erschafft, eine Eigenschaft, die Traktoren niemals haben werden. Darüber hinaus wird das Pferd vor Ort gezüchtet und gefüttert, wobei lokal erzeugte erneuerbare Energiequellen genutzt werden – Gras und Getreide. Das Pferd hat ein langes Arbeitsleben in dem 1/3 der Energie, die es als Futter verbraucht, als Dünger wiederverwertet werden kann. Im Gegensatz dazu gehen 2/3 der Energie aus dem Treibstoff, den ein Traktor verbraucht, als Wärme und Abgase verloren (1). Das Arbeitspferd beginnt seine produktive Arbeit in der Regel im Alter von drei Jahren und arbeitet bis Mitte zwanzig. Danach ist sein Schlachtkörper als Fleisch und Leder recycelbar. Wenige der heute sehr komplexen und hoch entwickelten Traktoren werden so lange ohne größere und teure Reparaturen überleben. Und das Metall eines schrottreifen Traktors zu recyceln ist selber ein verglichen damit (mit dem Recycling eines Pferdes; Anm. d. Übers.) energieverschlingender Prozess, auch wenn dieses Recycling möglicher Weise auf weniger Abneigung, bedingt durch gesellschaftliche Befindlichkeiten in manchen Ländern, stoßen wird.

 

Es wird manchmal argumentiert, dass, wenn Pferde wieder in großer Zahl in der Landwirtschaft und anders wo eingesetzt würden, ein inakzeptabler Anteil der Anbaufläche, die zur Zeit zur Produktion von Lebensmitteln, die direkt der menschlichen Ernährung dienen, für den Anbau von Pferdefutter verwendet werden müsste. Einerseits stimmt es zwar, dass ein Arbeitspferd energiereiches Getreide als Teil seiner Futterration benötigt – die Menge schwankt dabei stark, je nach Arbeitsbelastung und Rasseeigenschaften -, aber andererseits ist es interessant zu sehen, dass es heute in Großbritannien fast die gleiche Anzahl Pferde gibt, wie in den 1930er Jahren, während gleichzeitig große Teile des Ackerlandes als Stilllegungsflächen aus der Produktion genommen sind. Von den ungefähr 1 Million Pferden in Großbritannien (die Zahl kann nicht genauer sein, da Pferdebesitzer oft noch unwilliger auf jedwede Form von Erhebungen reagieren als Landwirte) sind schätzungsweise 98% Freizeitpferde und 2% „Arbeiter“, ziemlich genau die entgegengesetzte Verteilung wie vor 80 Jahren (2). Wären Pferde die Hauptzugkraftquelle in der Landwirtschaft, so müssten laut Schätzungen einer Studie (1) 18% der lokalen Ernte für den Brutto-Energieverbrauch dieser Pferde aufgewendet werden. In wie weit dieser Anteil in der Zukunft möglich wäre, wenn das Pferd vielleicht wieder eine Schlüsselkomponente jeglicher landwirtschaftlicher Tätigkeit sein sollte, bleibt zu diskutieren. Andersherum gesagt, sollten herkömmliche Treibstoffe einmal nicht mehr verfügbar sein, oder zu teuer oder einfach zu knapp rationiert werden, als dass die Landwirtschaft weiterhin allein auf Schlepperzug setzen könnte, dann wäre der zu zahlende Preis in Form von fruchtbarer Ackerfläche, die für eine pferdegestützte Alternative notwendig wäre, tatsächlich vielleicht gar nicht so inakzeptabel. Möglicherweise bliebe uns dann keine andere Wahl.

 

Nimmt man die Republik Irland als Beispiel, so kann man in etwa die Fläche berechnen, die, falls die Landwirtschaft einmal wieder größere Mengen Arbeitspferde anstellen müsste, zur Ernährung dieser Pferde notwendig wäre. Diese Zahl wird allerdings rein spekulativ sein, da hierbei die gesteigerte Produktivität der Pferde durch den Einsatz moderner und neuartiger Maschinen nicht berücksichtigt werden kann, ein Faktor, der das alte und anerkannte Verhältnis von benötigten Pferden pro Hektar beeinflussen wird. Sie berücksichtigt auch nicht die Pferde, die außerhalb der Landwirtschaft beschäftigt werden müssten, z.B. für lokale Transporte oder die Waldarbeit, die aber auch von der Anbaufläche ernährt werden müssten. Ebenso berücksichtigt sie nicht die Unterschiede zwischen verschiedenen Betriebsformen, z.B. hauptsächlich Ackerbau oder hauptsächlich Tierhaltung, weil auch hier das Verhältnis von benötigten Pferden pro Hektar in der Praxis stark schwankt. Eine Region mit vorherrschender Tierhaltung wird wahrscheinlich eine geringere Anzahl Pferde aufweisen, als eine Ackerbaugegend.

 

Die Kalkulation für Gemischtbetriebe geht von folgenden Voraussetzungen aus: Das generell akzeptierte Verhältnis von benötigten Arbeitpferden pro Hektar betrug zu der Zeit, als die landwirtschaftlichen Arbeitspferde die höchsten Bestandszahlen aufwiesen, etwa ein Gespann pro 10 ha. Für Betriebe über 10 ha wurde, ausgehend von diesem einen Gespann, für jede weitere 10 ha ein Pferd hinzugerechnet. Wir nehmen für die Kalkulation einmal an, die durchschnittliche Größe der landwirtschaftlichen Betriebe liege bei 40 ha, so dass jeder Betrieb 5 Arbeitspferde benötigt. Jedes dieser Pferde benötigt 0,89 ha Futterfläche (1). Diese Zahl kann nicht als unverrückbar angesehen werden, da sie in starkem Maße von der Bodenfruchtbarkeit, den eingesetzten Düngern, den angebauten Feldfrüchten, der Größe der Pferde etc. abhängt. Nimmt man also die 3,9 Millionen ha gutes Grün- und Ackerland in Irland, so ergäben sich 97.500 landwirtschaftliche Betriebe von je 40 ha Größe, auf denen insgesamt 487.500 Arbeitspferde herumzockeln, pflügen, ernten, Dinge transportieren und so weiter würden. Diese Pferde benötigten eine Futterfläche von 433.875 ha, entsprechend 11,12 % der gesamten Anbaufläche.

 

Ein interessanter Aspekt dazu ist, die Rechnung auf der Grundlage der vorgeschriebenen Obergrenzen hinsichtlich des Viehbesatzes im modernen ökologischen Landbau noch einmal neu aufzumachen. Der optimale Viehbesatz wird hier mit 500 kg pro ha angegeben (6). Die ökologische Variante der Landwirtschaft könnte ein notwendiges Szenario werden, wenn die derzeit eingesetzten Kunstdünger nicht mehr verfügbar sein werden. Nehmen wir an, das Arbeitspferd wiegt 750 kg – dieses Gewicht ergibt aller Erfahrung nach das beste Verhältnis von Körpergewicht zu Leistungsfähigkeit -, dann würde jedes Arbeitspferd 1,5 ha Futterfläche benötigen. In einer Republik ohne Kunstdünger müssten demnach 731.250 ha (18,75 %) des guten Bodens unseren Pferden zugestanden werden. Aber: diese ziemlich bedrückende Zahl entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen, da ein Großteil des benötigten Grünlandes für diese Pferdepopulation durch Grenzertragsstandorte und geringerwertiges Grünland abgedeckt werden könnte. Dadurch würden einige der besseren Böden frei für andere Anbauzwecke. Mit anderen Worten, Pferde können Flächen gut und produktiv verwerten, die für andere landwirtschaftliche Nutzungen nicht geeignet sind. Pferde grasen gerne an Hängen, die Traktoren nicht mehr erklimmen können.

 

Es hat bereits viele Vorschläge gegeben, Treibstoff für Traktoren in wirtschaftlicher Weise über die Produktion von Biomasse zu gewinnen, z.B. durch den Anbau von Rapsöl. Aber auch dieses Szenario würde dem Anbau menschlicher Nahrung Fläche entziehen. Treibstoffe aus Biomasse erweisen sich aus zwei Gründen als sehr beschränkte Lösungsansätze. Erstens, jeder Schritt der Umwandlung von Energie in eine andere, nützlichere Form verbraucht selber Energie. Im Falle des Anbaus, der Ernte, der Raffinierung und dann des Einsatzes von biogenen Treibstoffen in einem Traktor sind die Anzahl und die Komplexität der Umwandlungsprozesse überaus größer und mit weit größerem Energieverlust behaftet, als im Falle eines Gras fressenden Pferdes. Zweitens, fügt man noch die Energiekosten für die Gewinnung, die Raffinierung und Bearbeitung des für die Herstellung des Traktors notwendigen Eisenerzes hinzu, dann fragt man sich, warum wir uns – durchaus wörtlich zu verstehen – „in aller Welt“ überhaupt mit Traktoren beschäftigen, wenn wir uns gleichzeitig ernsthafte Gedanken hinsichtlich der verantwortungsvollen Nutzung der uns in der Biosphäre, in der wir alle leben, insgesamt zur Verfügung stehenden Ressourcen machen. Wenn daher die effizienteste und gleichzeitig umweltfreundlichste Nutzung der Sonnenenergie zur Deckung unseres landwirtschaftlichen Zugkraftbedarfes, in welcher Form auch immer, als wichtiges Ziel für die Zukunft anerkannt wird, dann hat das Pferd eine Menge zu bieten, selbst wenn man es nur unter dem Aspekt der Umwandlung von einer Energieart in eine andere, nützlichere Form, betrachtet. Es kann die photosynthetischen Reserven in Gräsern und Getreide direkt und mit der geringsten Anzahl Energie verbrauchender Umwandlungsprozesse in nützliche Arbeit umsetzen. Es lässt sich einfach und ziemlich schnell vermehren, um die benötigte Anzahl Pferde zur Verfügung zu stellen. Wir sind bereits Experten hinsichtlich Zucht, Fütterung und Einsatz des Pferdes. Auch wenn es einen beträchtlichen Bedarf gibt, einige dieser Aspekte der Pferdearbeit zu verbessern und weiter zu entwickeln, so wird diese Forschung um ein vielfaches billiger und weniger zeitraubend sein, als die Entwicklung anderer Alternativen, die ebenfalls nicht von fossilen Brennstoffen abhängig sind, geschweige denn deren Einführung in die Praxis.

 

 

Leistung

 

Verglichen mit dem kleinsten Traktor ist das Pferd ein schwach motorisiertes Gerät, das zwar einen hohen Anteil seines Körpergewichtes für eine kurze Zeitspanne, aber lediglich etwa 15 % dieses Gewichtes als ausdauernde Zugkraft entwickeln kann. Das klassische Beispiel für die mögliche kurzfristige Kraftentfaltung des Pferdes wurde 1924 bei der Shire Horse Show in London vorgeführt. Zwei Shires mit einem Gewicht von jeweils 16cwt (= 16 hundredweights; 1 cwt = 50,8 kg, 16cwt = 813 kg; Anm. d. Übers.), Umber und Vesuvius, beide in Besitz der Liverpool Corporation,  wurden vor einen Rollwagen mit 18 to gespannt, den sie ohne Mühe zogen. Damit nicht zufrieden, wurden sie später in Tandemanspannung vor einen Zugkraftmesser gespannt. Umber begann bereits zu ziehen, bevor sich sein Gespannkollege in Bewegung setzte, und erreichte eine Zugkraft von 50 to, als die Nadel des Zugkraftmessers zerbrach (3).

 

 

 

Pferde ermüden, Traktoren nicht. Pferde brauchen regelmäßige Futterpausen und Erholungsphasen, aber ein Traktor kann kontinuierlich gefahren werden, lediglich unterbrochen von kürzesten Tankstopps. Pferde haben eine relativ konstante Geschwindigkeit, die im schweren Zug vor allem gebraucht wird, den Schritt, wohingegen der Traktor über eine große Bandbreite von Geschwindigkeiten verfügt. Traktoren warten, wenn sie nicht gebraucht werden, geduldig und ohne Aufsicht in einem Maschinenschuppen, aber Pferde benötigen täglich Futter und Pflege, egal, ob sie arbeiten oder nicht. Pferde brauchen fachkundiges Training und ebensolchen Umgang, um ihr Leistungspotential optimal auszuschöpfen, wohingegen so ziemlich jeder in der Lage ist, einen Traktor zu fahren.

 

Aber das Pferd ist intelligent und in der Lage, Routinevorgänge zu erlernen, während derer es über die Stimme ferngesteuert werden kann. Dies ist äußerst nützlich, vor allem bei Arbeiten, bei denen immer wieder angehalten und wieder angefahren werden muss, und für die sich das Pferd vorzüglich eignet. Traktoren starten, wenden oder halten nicht an, egal, wie laut man sie auch anschreien mag. Das Pferd ist unendlich wendiger als jeder Traktor, so dass z.B. Ackerraine und Vorgewende sehr klein gehalten werden können, was zu einem höheren Pflanzenbesatz pro ar führt. Das Pferd eignet sich sehr gut für die Arbeit in Reihenkulturen. Viele landwirtschaftliche und gärtnerische Arbeiten werden am besten mit einer geringen Geschwindigkeit ausgeführt – eggen, walzen, hacken, pflanzen und so weiter –, daher ist die höhere Geschwindigkeit des Traktors nicht immer eine notwendige Voraussetzung für eine effiziente Arbeitsleistung. Das Pferd ist ideal für Durchforstungen im Wald, denn es kann sich zwischen den stehenden Bäumen auf eine Art und Weise bewegen, die maschinellen Erntemethoden nicht möglich ist. Seine Auswirkungen auf den Wald sind minimal. Das Pferd ist von Natur aus standfest, bei gleichzeitig geringer Bodenverdichtung, und hat permanenten Allradantrieb. Dies macht es ihm möglich, in steilem, nassem oder anderweitig schwierigem Terrain zu arbeiten, das für konventionelle Systeme nicht zugänglich ist, und erlaubt seinen Einsatz in Zeiten, in denen der Bodenzustand den Einsatz von schweren Maschinen nicht zulässt.

 

Zwei Untersuchungen aus den 1980er Jahren (4) kommen zu dem Ergebnis, dass im Güternahverkehr ein Gespann Pferde mit einem Wagen ziemlich die gleichen Kosten verursacht wie ein Kleinlastwagen, wenn beide auf kurzen Strecken für Lieferfahrten in der Stadt eingesetzt werden. An dieser Stelle ist es interessant anzumerken, dass die durchschnittliche Verkehrsgeschwindigkeit in London heutzutage geringer ist, als wenn alle Transporte in der Stadt mit Pferden bewerkstelligt würden. Zudem ist bekannt, dass kontinuierlicher Stop and Go-Verkehr, wie er heutzutage in jeder Stadt üblich ist, die größte Umweltverschmutzung verursacht und zudem den Fahrzeugen schadet. Das Pferd eignet sich durch sein hohes Antrittsdrehmoment, seine geringe Geschwindigkeit und seinen begrenzten Arbeitsradius in idealer Weise für die Arbeit in der Stadt. Und in der Tat sind die Abfallprodukte seiner inneren Antriebsprozesse, ganz im Gegensatz zu denen der Motorfahrzeuge, bei der städtischen Bevölkerung oftmals  heiß begehrt.

 

Kritiker der Pferdearbeit in Land- und Forstwirtschaft oder in der Industrie stützen ihre Argumente meist auf die geringe Arbeitsleistung des Pferdes im Vergleich zu einem maschinellen System. Es herrscht die Meinung vor, Pferde seien in relativ kleinmaßstäbigen Unternehmungen am effizientesten. Es wäre z.B. absurd, den Versuch zu starten, einen großen agrarindustriellen Ackerbaubetrieb im heutigen ökonomischen Klima mit Pferden zu bewirtschaften. Die notwendigen Facharbeiter, die erforderliche Anzahl ausgebildeter Pferde und die dafür notwendigen Maschinen wären derzeit nicht einfach zu bekommen. Und die heutige Landwirtschaft entwickelt sich aufgrund ökonomischen und politischen Drucks unaufhaltsam zu immer größeren Flächeneinheiten, auf denen es äußerst schwierig wäre, Pferde einzusetzen. Aber diese großflächige und intensive Landwirtschaft ist hinsichtlich ihrer Maschinen, Treibstoffe, Düngemittel, Spritzmittel und so weiter extrem abhängig von fossilen Energiequellen. Betrachten wir ein Szenario, in dem diese Energiequellen hinsichtlich Verfügbarkeit und Menge zurückgehen, dann wird ersichtlich, dass sich die landwirtschaftliche Politik und Praxis dramatisch verändern müssen. Wenn der Transport von Lebensmitteln über weite Entfernungen zu teuer wird, wenn die arbeitssparenden aber energieverzehrenden maschinellen und chemischen Arbeitsverfahren nicht mehr durchführbar sein werden, dann muss die Landwirtschaft möglicher Weise wieder zu einem höheren Arbeitseinsatz und zu kleineren Betrieben mit Direktvermarktung zurückkehren. Dann müssen vielleicht einige Feldfrüchte wieder mit der Hand gejätet oder mit dem Pferd gehackt werden, anstatt sie mit Herbiziden zu durchnässen – weil die Spritzmittel zu teuer oder nicht mehr verfügbar sind. Und eine Reduzierung der derzeitigen Übermechanisierung landwirtschaftlicher Betriebe würde dazu führen, dass wieder mehr Arbeitskräfte notwendig wären, die das Land bearbeiten müssten, um es fruchtbar zu erhalten, eine offensichtliche Konsequenz der Reduzierung „Arbeitskraft ersetzender Geräte“, einer möglichen Definition des Begriffs „Maschine“ im vorliegenden Kontext. Solch eine Veränderung der Größenordnungen und Bewirtschaftungsformen würde natürlich weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen haben, aber sie würde nicht per se die Rückkehr zu einem primitiven, verarmten und erschöpfenden Lebensstil für die davon betroffenen Menschen bedeuten. Im Gegenteil könnte man argumentieren, dass die Rückkehr zu einem weniger frenetischen Lebensstil, der den gleichmäßigen Trott der Arbeitspferde einschließt, willkommen wäre.

 

Eine neuere Untersuchung zeigt, dass sowohl Pferde- als auch Traktor gestützte Systeme in etwa die gleiche Energiemenge benötigen, um eine bestimmte Nahrungsmenge zu erzeugen. ABER: die Qualität der Energiequelle und ihre Auswirkungen auf die Umwelt unterscheiden sich erheblich (5). Der wichtigste Unterschied ist, dass ein Pferde gestütztes System 60 % seines gesamten Energiebedarfs (inklusive Futter, Arbeit, Maschinen) aus lokalen und erneuerbaren Energiequellen decken könnte; ein Traktor gestütztes System nur 9 % - nämlich den vor Ort gezeugten Fahrer und Mechaniker (1)! Die Bedeutung dieser Zahlen ist klar, falls nicht erneuerbare Energiequellen knapp werden sollten.

 

Es gibt eine Menge Hinweise – bisher vor allem anekdotisch, aber ein wichtiges universitäres Forschungsprojekt geht dieser Frage nach (5) –, die nahe legen, dass auch heute, in einer Zeit, in der das Arbeitspferd von einigen mit skeptischer Nostalgie betrachtet wird, die landwirtschaftlichen Betriebe, die Arbeitspferde einsetzen, wirtschaftlich arbeiten. Sie würden auch nicht lange im Geschäft bleiben, wenn sie es nicht täten! Es ist sicher kein leeres Gerede, wenn jemand erwähnt, die verringerte Bodenverdichtung, größeren Erntemengen und verbesserten Erntezeitpunkte auf einem großen Gemüsebaubetrieb in Deutschland stünden alle in direktem Zusammenhang mit der Umstellung von Traktoren auf Arbeitspferde (5). In Großbritannien und im restlichen Europa gibt es landwirtschaftliche Betriebe (meinen und viele andere), Gemüsebaubetriebe, Forstbetriebe (vor allem in England, Frankreich, Deutschland, Norwegen, Schweden, Belgien und Luxemburg) und innerstädtische Lieferfirmen (z.B. Brauereien), die Pferde auf unterschiedliche Art und Weise einsetzen. Pferdearbeit erweist sich auch in der heutigen, hektischen und hochtechnisierten Welt als erfolgreich. Wenn diese Art zu arbeiten heute möglich und profitabel ist, um wie viel mehr wird sie es sein, wenn der von fossilem Treibstoff abhängige Teil des Lebens, wie wir es kennen, bedroht ist oder möglicher Weise ganz verschwindet.

 

 

 

Welche Beispiele existieren bereits heute, anhand derer man eine Vorstellung davon bekommen könnte, wie eine pferdegestützte Landwirtschaft in der Zukunft aussehen könnte? Die kleine aber beständig steigende Zahl der Betriebe in Westeuropa, die Pferde in mehr oder weniger großem Stil als Zugkraftquelle nutzen, haben außer dem Pferd eine wesentliche Gemeinsamkeit: sie erhalten große Unterstützung durch die Öffentlichkeit. Was immer auch die theoretisch-ökonomischen Einwände gegen Pferdearbeit sein mögen, Tatsache ist, dass es eine große Nachfrage nach Gemüse von mit Pferden bewirtschafteten Betrieben gibt. Die Menschen erfreuen sich an dem Anblick von Pferden, die Holzrücken, ohne die Pflanzen und Tiere des Waldes zu zerstören. Die Pferde, die für Transporte in der Stadt eingesetzt werden, werden den ganzen Tag über mit Möhren und Streicheleinheiten bedacht. Die offensichtlichen Vorzüge tierischer Zugkraft bei der Pflege und Erhaltung von Naturschutzgebieten werden vom örtlichen Steuerzahler mit Begeisterung wahrgenommen. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die Unterstützung durch den Wähler nachlassen würde, sollten solche Aktivitäten weiter ausgedehnt werden. Und das könnte diejenigen Politiker ermutigen, die sich bisher noch nicht so richtig dazu durchringen konnten, Pferde gestützte Alternativen auch offiziell zu unterstützen.

 

Die allmähliche Zunahme des Arbeitspferdeeinsatzes in Westeuropa hat einerseits zur Entwicklung und Produktion einer ganzen Reihe neuer spezialisierter Pferdemaschinen geführt, andererseits wurde sie dadurch wiederum befördert. Einige dieser Maschinen sind speziell für einen bestimmten Verwendungszweck gebaut, so z.B. Geräte für Reihenkulturen oder Holzrückegeräte, während andere, wie z.B. Vorderwagen, es möglich machen, das oder die Pferd(e) vor existierende Traktorgeräte zu spannen. Natürlich ist es zur Zeit nicht gerade so, dass den multinationalen Maschinenherstellern bei der Vorstellung, ihre Maschinen würden nun ersetzt durch eine riesige Anzahl schicke, neue Maschinen ziehender Hochglanz-Pferde, die Knie schlottern würden. Dennoch ist es wert erwähnt zu werden, dass es sogar in der europäischen High-Tech-Gesellschaft ernsthafte und erfolgreiche Bemühungen gibt, das Zugpferd auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

 

Hinzu kommt, dass die Amish People und verwandte Gruppen in den USA und in Kanada große Ländereien sehr effektiv mit Pferden als nahezu alleiniger Zugkraftquelle bewirtschaften. Allerdings gibt es einige Gefahren, wenn man das Beispiel der Amishen Gemeinschaften 1:1 als Modell für eine moderne Welt, in der das Pferd die hauptsächliche Energiequelle darstellt, übertragen wollte. Es gibt viele Unterschiede – gesellschaftlich, klimatisch, Bodentyp, Anbaumöglichkeiten, Schlaggröße etc. – zwischen dieser agrarisch geprägten und hoch organisierten religiösen Gemeinschaft des Mittleren Westens und den derzeit in Europa geltenden Werten, die die einfache Übertragung des Amishen Modells als Zukunft des Zugpferdeeinsatzes unangemessen erscheinen lassen. Diese Unterschiede sind sehr komplex und faszinierend, aber sie hier im Detail zu zerläutern, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

 

Dennoch, wir können einiges davon lernen. Trotzdem die Amishen Betriebe auf tierische Zugkraft angewiesen sind, sind sie mindestens so produktiv, wie ihre konventionellen Nachbarn. Der Einsatz von Pferden als hauptsächlicher Zugkraftquelle führt nicht zu einem geringeren Ertrag. Im Gegenteil, auch wenn dies teilweise durch ihre einzigartige gesellschaftliche Struktur bedingt ist, sind die Amishen eine prosperierende und expandierende Gemeinschaft, ganz im Gegensatz zu vielen „normalen“ amerikanischen Farmen. Die Amishen Farmen sind im allgemeinen nicht speziell auf Ökologischen Landbau unter Verwendung veralteter Maschinen und Anbaumethoden ausgerichtet, wie man vielleicht meinen könnte. Ganz im Gegenteil, sie haben Möglichkeiten entwickelt, die modernsten Pflege- und Erntemaschinen mit Pferden zu ziehen, und sie müssen in Konkurrenz mit konventionellen Farmen im Kampf um Marktanteile bestehen.

 

In vielen Fällen schließt diese Anpassung, ebenso wie einige der europäischen Neuentwicklungen, den Einsatz kleiner Benzin- oder Dieselmotoren zum Antrieb des Gerätemechanismus ein, während das Pferdegespann das Gerät lediglich vorwärts bewegt, anstatt die Drehung der Räder für den Antrieb des Mechanismus zu nutzen, wie dies die alten Pferdemaschinen taten, auch „Bodenantrieb“ genannt. Die scheinbar widersprüchliche oder zumindest unlogische Kombination lebendiger und mechanischer Pferdekraft funktioniert in der Tat sehr gut. Der jeweils verwendete Motor ist deutlich kleiner – und damit billiger in Anschaffung und Betrieb und produziert weniger Schadstoffe – als ein Motor der für einen schweren und komplizierten Traktor nötig wäre, der, zusätzlich zur angehängten Maschine, auch noch sich selber vorwärts bewegen müsste. Sollten in der Zukunft selbst diese kleinen Motoren nicht mehr eingesetzt werden können, weil der Treibstoff hierfür ausgegangen ist, wäre eine Rückkehr zu bodengetriebener Technik notwendig. Auf jeden Fall wäre eine solche Technik ein angemessener und logischer integraler Bestandteil der zukünftigen Nutzung der Vorteile des Arbeitspferdes hinsichtlich Umwelt und Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen. Aber, wie jedes physikalische System, hat auch dieses seine Grenzen. Einige der modernen landwirtschaftlichen Maschinen, deren Entwicklung die modernen Bewirtschaftungsmethoden entscheidend geprägt hat, können mit Bodenantrieb nicht funktionieren. Einige der wichtigsten Maschinen auf modernen landwirtschaftlichen Betrieben müssen auch im Stand betrieben werden können und erfordern ein sehr hohes Anfangsdrehmoment, um sie in Gang zu setzen und um schwankende Erntegutmengen bewältigen zu können. Keine dieser Anforderungen kann ohne weiteres mit ausschließlichem Bodenantrieb erfüllt werden. Zum Beispiel ist es nicht möglich, den gepressten Rundballen einzuwickeln, wenn die arbeitenden Teile der Rundballenpresse sich nicht mehr bewegen, weil das die Maschine ziehende Pferd stehen bleibt. Auch unterliegt der Bodenantrieb den Geschwindigkeitsschwankungen, wenn das Pferd langsamer geht, weil es ermüdet oder sich in schwierigem Gelände bewegen muss. Dieser Verlust der Antriebsgeschwindigkeit kann bei Maschinen, die von einer kontinuierlichen Drehzahl abhängig sind, zur Funktionsunfähigkeit führen. Sollten wir daher Arbeitspferde in der Landwirtschaft in einem Szenario einsetzen müssen, in dem fossile Treibstoffe nur begrenzt verfügbar sind und wir deshalb die lebendigen Pferdestärken nicht mit Hilfsmotoren ergänzen können, so wird dies zwangsläufig gerade diejenigen landwirtschaftlichen Arbeitsverfahren ändern oder zumindest stark beeinflussen, die auf einigen der neuesten Entwicklungen in der Gerätetechnik beruhen. Es kann gut sein, dass dann neue Anbautechniken und die hierfür notwendigen Geräte entwickelt – oder zumindest neu erfunden - werden müssen, um die Stärken reiner Zugtiernutzung auszunutzen und ihre Schwächen einzudämmen. Aber, verglichen mit den zu bewältigenden massiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwälzungen, die zwangsläufig verbunden sind mit einer Zukunft, in der fossile Treibstoffe (die im Moment noch billig und mühelos Transporte, die Lebensmittelproduktion sowie alle möglichen weiteren Aspekte unseres täglichen Lebens ermöglichen) nur noch bedingt oder gar nicht mehr verfügbar sein werden, ist die Besinnung auf pferdegemäße landwirtschaftliche Anbaumethoden vergleichsweise einfach. Man darf nicht vergessen, dass die derzeitigen Anbaumethoden unter den Bedingungen von wirtschaftlichem Aufschwung, Bevölkerungswachstum, teurer Arbeitskraft und ausreichenden Energievorräten entwickelt wurden. Eine Veränderung bei auch nur einem dieser Faktoren wird die Anbaumethoden verändern. Wir sollten uns mit diesem Problem jetzt beschäftigen und geeignete Maschinen entwickeln, so lange wir dazu noch die industriellen Möglichkeiten haben, es so einfach und kostengünstig, und vor allem rechtzeitig, zu tun.

 

Eine weitere Gepflogenheit, die auf den Farmen der Amish oft anzutreffen ist, ist der Einsatz von Mehrspännern mit großen Maschinen. In Europa bestand die normale „Arbeitseinheit“ in der Vergangenheit immer aus einem Fuhrmann und einem Zweispänner. Dies hat sich in einer Zeit so entwickelt, in der Arbeitskraft billig und reichlich vorhanden war. Wenn aber heute jemand einem Landwirt vorschlagen würde, er solle – ganz zu schweigen von der Behauptung, er könne – einen normalen landwirtschaftlichen Arbeitslohn an einen Pflüger bezahlen, dessen Bemühungen gerade mal dazu führen, dass er pro Tag mit seinem Gespann 1 acre (= 0,4047 ha; Anm. d. Übers.) Land umpflügt, dann wird die Antwort in der Regel negativ ausfallen, falls man diese Antwort überhaupt abdrucken dürfte … Dennoch, die Amish und andere haben Methoden entwickelt, mit denen ein Fuhrmann wesentlich größere Gespanne, als die, die wir gewohnt sind, zusammenspannen und fahren kann. Dadurch wird die Flächenleistung pro Arbeitskraft drastisch erhöht, die Frage ist allerdings, ob dies in einer zukünftigen Gesellschaft, in der wir möglicherweise gezwungen sein werden, mehr Arbeitskraft direkt in die Nahrungsmittelproduktion zu stecken, ein wichtiger Gesichtspunkt bleiben sollte. Zum Beispiel kann ein 12-Spänner, gemeinhin als das größte Gespann geltend, dass noch ohne Probleme von einem Fuhrmann angespannt und gefahren werden kann, pro Tag und Pferd 1 acre pflügen, oder mit einer entsprechenden Leistung andere Maschinen bewegen. Ein Hinderungsgrund für solch große Gespanne ist in Europa oftmals schlicht und ergreifend die mangelnde Verfügbarkeit an genügend ausgebildeten Pferden, und in manchen Gegenden die Größe und Form der Ackerschläge.

 

Dennoch macht dieses extreme Beispiel einen wesentlichen Vorteil des Pferdes gegenüber dem Traktor deutlich. Der Traktor ist ein einzelnes, unteilbares Gerät, das nur eine einzige, wenn auch komplizierte Aufgabe zur gleichen Zeit zu verrichten vermag. Ein Mehrspänner kann heute als Einheit eine erstaunliche Arbeitsmenge bewältigen, während man ihn morgen in wesentlich kleinere Gespanne aufteilen kann, die viele verschiedene Aufgaben zur gleichen Zeit erledigen können, vorausgesetzt natürlich, es sind genügend Fuhrleute vorhanden. Die der Arbeit mit Mehrspännern innewohnende Flexibilität könnte für zukünftige Entwicklungen in der Landwirtschaft mit Pferden von immensem Wert sein. Es ist nicht allzu schwer, sich örtliche Gruppierungen kleiner landwirtschaftlicher Betriebe vorzustellen, die jeder für sich genügend Pferde besitzen, um die täglichen Arbeiten ausführen zu können, und die diese Pferde während der Arbeitsspitzen im landwirtschaftlichen Arbeitsjahr, während der Ernte oder wenn große Flächen gepflügt und eingesät werden müssen, zu großen Gespannen mit einer entsprechend großen Flächenleistung zusammenspannen. Landwirte, die kooperieren: möglicherweise heute eine unrealistische Vorstellung, aber es könnte in der Zukunft zu einer Notwendigkeit werden.

 

 

Eine „pferdegezogene“ Gesellschaft

 

Zur Zeit ist es vielleicht nur eine müßige Spekulation, im Detail beschreiben zu wollen, wie das Leben aussähe, falls wir einmal wieder gezwungen sein sollten, diese angenehme, freundliche, regenerative, umweltfreundliche, wendige und angemessene Energiequelle, das Pferd, in großer Zahl einzusetzen. Aber, einige Auswirkungen eines solchen Szenarios stehen fest, und es lohnt sich, hierzu ergänzend ein paar Vorschläge zu machen.

 

Erstens, zur notwendigen Infrastruktur: Wir sollten jetzt auf nationaler Ebene die Maschinen und anderen Ausrüstungsgegenstände, die den effizientesten Einsatz der Pferde in der Zukunft ermöglichen, erforschen, entwickeln und herstellen. Bei der Konstruktion sollten wir natürlich zwei Dinge im Auge behalten, einmal die Eigenschaften der Pferdezugkraft, und, ganz wichtig, die Möglichkeit, diese Geräte auch dann noch produzieren zu können, wenn die heutigen Produktionsmethoden von den unvermeidlichen und in absehbarer Zukunft stattfinden werdenden Veränderungen hinsichtlich Energie und anderer Ressourcen der Industrie betroffen sein werden. Mögliche Klimaänderungen und die vorhergesagten Veränderungen hinsichtlich der Energiequellen (begrenzte Verfügbarkeit von Treibstoff, Kunstdüngern und Spritzmitteln etc.) werden die Landwirtschaft, wie wir sie heute kennen, auf jeden Fall und unvermeidlich verändern. Daher sollten wir nach Wegen suchen, wie wir die negativen Effekte möglichst verringern und die positiven möglichst vermehren können, in dem wir eine landwirtschaftliche Praxis entwickeln, die die Bedürfnisse der Bevölkerung in Verbindung mit Anbaumethoden erfüllt, die mit Pferden durchführbar sind.

 

Auch sollte auf nationaler, wie auf lokaler Ebene der Einsatz der Pferdezugkraft vermehrt gefordert werden. Die Auswahl und Zucht angemessener Pferdetypen und –zahlen, von schweren Zugpferden bis hin zu leichteren, schnelleren Rassen für Transport- und Lieferfahrten, sollte Unterstützung und Förderung durch die Regierung erfahren. Allerdings sollten die praktischen Details dieser Förderung den Pferdeexperten vorbehalten und möglichst weit von bürokratischem Einfluss ferngehalten werden.

 

Auf lokaler Ebene wird es steigende Arbeitsanforderungen hinsichtlich der Versorgung und des Einsatzes der Pferde geben, Arbeiten, die sowohl die Ausbildung als auch die Anstellung von Arbeitkräften erfordern. Die Abwanderungsbewegung der Arbeit weg vom Land während des Wandels der Gesellschaft von einer agrarischen in eine Industriegesellschaft wird sich in der Zukunft möglicher Weise umkehren. Wenn es eine deutliche Verschiebung hinsichtlich der relativen Kosten – ganz zu schweigen von der tatsächlichen Verfügbarkeit – von Öl und Arbeitskraft geben wird, dann wird dies einen Einfluss auf die Ausrichtung der Landwirtschaft haben (1). Geschirrmacher und Hufschmiede müssen ebenfalls zahlenmäßig zunehmen, und es müssen angemessene Ausbildungsprogramme aufgelegt werden, die diese Fertigkeiten wesentlich besser zugänglich machen, als sie es zurzeit sind.

 

Eine dramatische Auswirkung wird die abnehmende Verfügbarkeit fossiler Treibstoffe auf die persönliche Mobilität und den billigen Waren- und Gütertransport haben, Bestandteile unseres Lebens die wir heute so sehr für selbstverständlich erachten. In dieser Beziehung könnten wir wirklich einiges aus der Vergangenheit lernen. Der Anstieg der Zugpferdezahlen in Großbritannien von der Mitte des 19. bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts wurde vor allem durch die Entwicklung der Eisenbahnen begründet. Die Eisenbahnen benötigten ein lokales Transportsystem, um Güter und Personen zum und vom nationalen Schienennetz zu transportieren. Dabei bedienten sie sich vor allem der Zugpferde, um vor Ort produzierte Güter für den Weitertransport zu den Bahnhöfen und andere Produkte von den Bahnhöfen zu den örtlichen Verbrauchern zu bringen. Eine ähnliche Strategie könnte noch einmal funktionieren. Das Zugpferd könnte Personen und Güter vor Ort sammeln und zu und von einem nationalen Netz schneller und über weite Entfernungen gehender Transportsysteme, seien es nun Eisenbahnen, Straßen, Meer oder Luft, transportieren. Das Zugpferd böte, auf diese Weise eingesetzt, eine angepasste und Ressourcen schonende Technologie, welche eine Voraussetzung für eine Gesellschaft werden könnte, deren derzeitige hohe Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energiequellen in der Zukunft extreme Einschränkungen erfahren wird.

 

 

Zusammenfassung

 

Wir sollten die Frage diskutieren, ob eine Renaissance des Zugpferdes, verursacht durch eine Krise bei der Versorgung mit billigen fossilen Treibstoffen und durch die Entscheidung, die Umweltverschmutzung zu begrenzen, eine realistische und  nachhaltige Option ist. Zudem eine Option, die jetzt bewertet werden sollte, da noch genügend Zeit bleibt, um die notwendige Infrastruktur zu erstellen, die für eine solche Veränderung notwendig wäre.

 

Eines Tages werden wir zu entscheiden haben, wofür wir das letzte Fass Öl verwenden wollen. Werden wir es zu Kunstdünger umwandeln, um noch mehr Nahrung produzieren zu können? Oder werden wir es für einen anderen Prozess nutzen, in dem es nicht so leicht ersetzt werden kann? Oder sollen wir es als Treibstoff für einen Traktor verschwenden, obwohl es einen perfekten Ersatz für den Traktor gibt, der uns geduldig über das Hoftor hinweg anblickt?

 

Niemand sollte sich Illusionen über die Arbeit mit Zugpferden machen. Es ist eine körperlich anstrengende Arbeit, die großes Können verlangt, wenn sie effektiv sein soll. Sie ist zudem arbeitsintensiv. Der Vorschlag, die Agrarindustrie, die schon durch andere Faktoren gebeutelt wird, solle ihre Kosten sparenden Maschinen, Dünge- und Pflanzenschutzmittel aufgeben, wird mit einem verzweifeltem Stöhnen und einem Schnauben zynischen Unglaubens aufgenommen werden. Anzudeuten, dass ein größerer Teil der Bevölkerung, der zurzeit abseits der Nahrungsmittelproduktion beschäftigt ist, zukünftig möglicher Weise dort tätig werden müsse, könnte in einer Zeit, in der Teile der Gesellschaft hinsichtlich Handarbeit jeglicher Art zunehmend, nun zumindest die Nase rümpfen, als unklug bezeichnet werden. In der Tat, unsere hoch mechanisierte westliche Welt zu bitten, ernsthaft über den Gebrauch eines eigensinnigen, kläglichen, sterblichen Gerätes nachzudenken, das permanente Pflege und Aufmerksamkeit verlangt, ein Gerät, das ebenso oft ausrastet, schmollt oder krank ist wie sein Fuhrmann, und das darüber hinaus auch noch treten, beißen und einem schwer zu schaffen machen kann, könnte heute, da Druckknopf-Traktortechnologie für jedermann, zumindest im Moment, zur Verfügung steht, als ausschließlich geistiger Höhenflug erscheinen.

 

 

Aber, folgende Tatsachen lassen sich nicht wegdiskutieren:

 

Lebendige Pferdekraft ist kostengünstig und bereits heute verfügbar. Wir können Pferde in beliebiger Zahl züchten, ohne unseren Planeten dadurch zu gefährden. Wir wissen eine Menge über sie und darüber, wie man sie nutzen kann. Sie können Dinge für uns ziehen, uns tragen, bei der Versorgung unserer Gesellschaft helfen, sie ernähren und zu ihrer Funktionsfähigkeit beisteuern. Und wenn wir einige der technischen Verbesserungen in Landwirtschaft und Maschinenbau nutzen, dann können sie diese Aufgaben um vieles besser erledigen als in der Vergangenheit. Sie können von unseren Feldern ernährt werden. Sie fügen der Umwelt keinen Schaden zu, im Gegenteil, sie nützen ihr. Sie schaffen Arbeitsplätze, anstatt sie zu vernichten. Sie stiften Gemeinschaftsgefühl am Arbeitsplatz und sind eine Quelle von Stolz und Freude in ihrem Bemühen, die Arbeit so perfekt wie möglich in Harmonie mit dem Menschen und seiner Umgebung zu erledigen.

 

Warum um alles in der Welt nutzen wir sie nicht?

 

 

 

Übersetzung aus dem Englischen: Dr. Pera und Peter Herold

 

 

 

 

 

 

 

Literatur:

 

 (1):      Agriculture, Energy and Sustainability. Jan Jansén. Doktorarbeit. Schwedische Universität der Landwirtschaft. Uppsala, 2000

 

 (2):      British Horse Society

 

 (3):      Diana Zeuner, Herausgeberin der Zeitschrift Heavy Horse World; persönliche Mitteilung

 

 (4):      Heavy Horse Haulage in the nineteen eighthies: report of the investigation into the comparative costs of horse and motor transport for local deliveries. Pub: Shire Horse Society. Webster, I.C. 1981 & update 1985

 

 (5):      Peter Herold, Universität Kassel (im Original: Witzenhausen; Anm. d. Übers.); persönliche Mitteilung

 

 (6):     Handbuch für den biologischen Landbau. G.E. Siebeneicher: Augsburg 1993

 

 

 

Nützliche Literaturhinweise und Links:

 

 History with a future; Keith Chivers (Hrsg.). Verlag: Shire Horse Society and Royal Agricultural Society of England, 1988